Urbanistik
Die Weiterentwicklung der gebauten Umwelt, eingebettet in die vorgegebene oft schon veränderte Landschaft, ausgestattet mit Voraussetzungen für eine gute Wohn- und Arbeitsqualität und der notwendigen Infrastruktur und danach der eigendynamischen Entwicklung überantwortet ... das umfasst im Wesentlichen die Raumordnung (Urbanistik)!
Außerhalb der gebauten Umwelt bleibt die Landschaft oft von Bauten entstellt und seiner Charakteristik beraubt. Vieles kann gute Planung zumindest ästhetisch sanieren, wesentlich sind aber die urbanistischen Voraussetzungen, welche der Landschaftsplaner vorfindet, wenn er Freiräume zu einer Augenweide mit hochwertiger Naturräumlichkeit entwickeln soll.
Neues Gesetz Raum und Landschaft
Dieses Landesgesetz Nr. 9/2018 ist am 1. Juli 2020 in Kraft getreten und bringt wesentliche Neuerungen bei den Instrumenten der Raumordnung. Das neue Instrument des Gemeindeentwicklungsprogrammes ist dem Bauleitplan, der nunmehr Gemeindeplan heißt übergeordnet. Ein entsprechendes technisches Handbuch zur Erstellung des neuen Gemeindeentwicklungsprogrammes wurde in den letzten Monaten von einer Arbeitsgruppe bestehend aus der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung der Autonomen Provinz Bozen, der Kammer der Architekten, Raumplaner, Landschaftsarchitekten und Denkmalpfleger, der Kammer der Ingenieure und der Kammer der Agronomen und Forstwirte der Autonomen Provinz Bozen ausgearbeitet. Die Gemeinden werden damit in den nächsten Jahren ihr Gemeindeentwicklungsprogramm und daraus folgend den neuen Gemeindeplan erstellen.
Wiedergewinnung
Südtirols historischer Wohnbaubestand hat besonders in ländlichen Gebieten einen hohen landschaftsprägenden und kulturellen Wert. Daher wurden bereits in den 1970 er Jahren sogenannte Wiedergewinnungspläne erstellt, welche in erster Linie die Erhaltung des Bestandes und seine behutsame Erweiterung abseits von den allgemeinen urbanistischen Bestimmungen zum Ziel hatten. Im Rahmen der Erhebungen erhält der Planer tiefe Einblicke in das alltägliche Leben der Dorfbewohner mit all ihren Gegensätzen, Wünschen und Vorstellungen. Daraus können Rückschlüsse auf die erhaltenswerten und entwicklungsfähigen Strukturen gezogen werden. Als Ergebnis langer Diskussionen über mögliche Erweiterungen in den engen Dorfbereichen, Aussiedlungen von nicht mehr erweiterungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben und Verbesserungen der Lebensqualität durch mehr Licht (Entkernungen) , bessere Erschließung (Wege, Parkraum) und Infrastrukturen (unterirdische Verlegung aller Leitungen) entsteht ein Wiedergewinnungsplan mit Ansätzen eines Leitbildes für den gesamten Ortskern und des angrenzenden Siedlungsbereiches.
Am Beispiel der Wiedergewinnungszone "Graun" in der Gemeinde Kurtatsch kann festgestellt werden, dass nach Abschluss der Planungsarbeiten eine starke Bauentwicklung stattgefunden hat, weil mit dem Planungsinstrument die bestehende erstarrte Bausituation aufgeweicht werden konnte und der Ort neue Zukunftsperspektiven erhalten hat, welche sich in einer kontrollierten und orttypischen Bautätigkeit ausdrückt.
Die Ausarbeitung des Wiedergewinnungszone Aurea in St. Ulrich wurde bereits nach den neuen Bestimmungen des neuen L.G. Nr. 9/2018 „Raum und Landschaft“ erstellt. Dabei wurde auf den historischen WGP von 1979 mit der 5% Erweiterungsklausel aufgebaut und die neuen Bestimmungen des Kubaturbonus (Erweiterungsmöglichkeit gemäß L.G. Nr. 964/2014) eingebaut, um der Gemeindeverwaltung ein Instrument zur Verfügung zu stellen, das eine korrekte Beurteilung der Bauansuchen ermöglicht.
Wohnbauzonen
Die in den Fremdenverkehrsgebieten besonders starke Bauentwicklung der 80iger Jahre hat dazu geführt, dass die zur notwendigen Anpassung der Gastbetriebe erforderlichen Erweiterungen trotz der gesetzlichen Möglichkeiten über die qualitative und quantitative Erweiterung undurchführbar waren. Dank der Initiative einiger Südtiroler Gemeinden entstanden Durchführungspläne welche die neuen gesetzlichen Möglichen zur baulichen Entwicklung der Gastbetriebe umgesetzt haben und so den Betrieben die Möglichkeit gaben trotz unzureichenden Grenzabstände gewisse Bauerweiterungen durchzuführen. Dabei mussten die hohen Ansprüche der Gäste an die Unterkünfte berücksichtigt werden, sodass die Gastbetriebe in engsten Räumen höchste Aufenthaltsqualitäten erreichen konnten.
Die Gemeinde Vöran hat vor 4 Jahren eine Studie zur Standortsuche für neue Wohnbauzonen im Bereich des Hauptortes in Auftrag gegeben. Daraus wurden 2 Wohnbauzonen bis zur Durchführungsplanung entwickelt: Wieser Nord und Seilbahn. Erster befindet sich nördlich des Ortszentrum unterhalb der Landesstrasse und wird derzeit verbaut. Die Wohnbauzone Seilbahn direkt neben der Bergstation der Seilbahn Burgstall – Vöran ist derzeit in Planungsphase.
Gewerbezonen
Gewerbezonen in ländlichen Gebieten entstehen meistens aus der Notwendigkeit heraus, neuen Raum für bestehende Handwerkerbetriebe im Ortskern zu schaffen. Dabei haben sich in den letzten Jahren die Ansprüche an Funktionalität, Erschließung aber auch Architektur wesentlich geändert. Einschränkende Rahmenbedingungen betreffen in den meisten Fällen die Verfügbarkeit, die gute Erschliessbarkeit und eine geringe Umweltbelastung für den Ort. So entstanden Gewerbegebiete oft in Bereichen abseits der Ortskerne, um besonders in Fremdenverkehrsgebieten keinen zusätzlichen Lärm und Abgasbelastung z.B. durch Schwerverkehr zu erzeugen. Die verfügbaren Verkehrsflächen sind oft auch wegen der Steillagen meistens sehr klein, sodass zunehmend eine mehrgeschossige Bauweise zur Anwendung kommt mit einer schwierigen internen Erschließung der verschiedenen Geschoße.
Als typisches Beispiel kann die Gewerbezone Welschnofen gelten, welche den minimalen Raum zwischen Karerpaßstrasse und Bach optimal nutzt, was eine kompakte Bauweise mit einfacher Ringerschließungsstrasse zur Folge hat. Die vom Durchführungsplan vorgegebenen und von der Gemeindeverwaltung durchgesetzte kompakte Verbauung verleiht der Gewerbezone mit Bauten der Architekten Trojer und Vonmetz ein homogenes Erscheinungsbild, das sich von den üblichen Gewerbezonen in Südtirol wohltuend absetzt.
Ensembleschutz
Der Ensembleschutz für bauliche und naturräumliche Elemente obliegt der Gemeindeverwaltung, welche innerhalb einer bereits verlängerten Frist eine Liste der unter Schutz gestellten Ensembles der Landesverwaltung vorlegen muss. Im Wesentlichen geht es dabei um die Bewahrung von charakteristischen Elementen, die in ihrer Zusammenschau wertvolle Ensembles bilden, und die durch bauliche Veränderungen ihr typisches Erscheinungsbild nicht verlieren sollen. Insofern es sich bei der Unterschutzstellung um ein öffentliches Interesse handelt, fühlen sich private Besitzer von Liegenschaften oft in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt, sodass viel Überzeugungsarbeit nötig ist, um auch Elemente, die sich in Privatbesitz befinden in die Ensembleschutzliste eintragen zu können.