Radwege
Geschichte des Südtiroler Radwegnetzes
Erst in den 80-er Jahren wurde in Südtirol das Radfahren ein wichtiges Thema: im Jahre 1984 wurde in Bozen erstmals der "Radlfasching" organisiert, der zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung für das Fahrrad geführt hat, zumal bis dahin nur kurze Radwegstücke in den Städten Bozen und Meran bestanden. Nur 2 Jahre später hat der VKE (Verein für Kinderspielplätze und Erholung) im Rahmen der erstmals durchgeführten Bozner Freizeitmesse 2 Projekte für durchgehende Radwege vorgestellt, die erst im Jahre 2003 Wirklichkeit wurden: der Radweg Bozen - Salurn am Etschdamm entlang und der Radweg ins Überetsch auf der alten Bahntrasse Bozen - Kaltern. Tatsächlich konnte im Jahre 1987 zwischen der staatlichen Wasserschutzbehörde und dem VKE ein Vertrag über die Nutzung des Bahndamms unterzeichnet werden. Auch die Eintragung in die Bauleitpläne der betroffenen Gemeinden konnte wenig später erfolgen. In der Zwischenzeit entstand in Bozen der erste Radverleih der seit damals von der Gemeindeverwaltung geführt wird. Auf Betreiben der Gemeinde Kaltern wurden bereits 1988 einige km der ehemaligen Bahntrasse Bozen - Kaltern zu einem Geh- und Radweg umgebaut, aber wegen des Widerstandes einiger Anrainer konnte die Verbindung bis nach Bozen erst 2003 fertiggestellt werden.
Im Jahre 1989 wird vom VKE vorgeschlagen, ein landesweites Radwegnetz in Südtirol zu schaffen, das die vorgeschlagenen Radwegachsen in den Talböden miteinander verbindet: beispielsweise zwischen Bozen und Meran, von Bozen nach Salurn und auf den ehemaligen Bahntrassen (Auer - Cavalese). Inzwischen hat sich auch die Landesregierung der Sache angenommen und beschlossen, Verbindungsradwege zu koordinieren und zu bauen, während in der Stadt Bozen auf Vorschlag des VKE die ersten Einbahnstrassen mit Radspuren in die Gegenrichtung ausgestattet werden, was bis dahin von der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen war. Im Jahre 1990 wird erstmals das verfügbare Radwegenetz in Südtirol erhoben, ein erster 12 km langer Radwegabschnitt entlang der Passer ist befahrbar. Die Landesregierung lässt 1991 eine Machbarkeitsstudie für ein landesweites Radwegenetz ausarbeiten und beschließt das Landesgesetz Nr.24/1991 betreffend die Richtlinien für die Errichtung von Radwegen. Inzwischen erstellt die Landesregierung in Trient ein Projekt für 400 km Radwege in der Provinz und die Stadtgemeinde Bozen organisiert den ersten Radtag.
Die Bevölkerung wird mit einer von Schweizer Referenten getragenen Tagung des VKE im Rahmen der Veranstaltung "Bicitalia 92" für das Radfahren weiter sensibilisiert.
Für die Stadtgemeinde Bozen wird 1993 ein Radbeauftragter gefordert und die Stadt Leifers legt ein Projekt für 15 km Radwege vor. Die Landesregierung der Autonomen Provinz Bozen beschließt 1994, eine Radwegnetz mit 243 km innerhalb von 10 Jahren zu realisieren, und im Jahre 1995 stellt die FIAB (Federazione Italiana Amici della Bicicletta) in einer Tagung über Radwegnetze im Norden und Süden von Bozen den "Sonnenradweg" von Brenner nach Neapel, sowie einen "Etschradweg" vom Reschenpass (Staatsgrenze zu Österreich) nach Venedig vor. Nach jahrelangen Diskussionen über die Finanzierung des Radwegnetzes wird 1996 ein Landesgesetz verabschiedet, das die Aufteilung der Radwegfinanzierung zwischen Land und Gemeinden im Ausmaß von 60/40 vorsieht.
Jahr um Jahr wächst in Südtirol das Radwegenetz und es kommen einige km Radwege hinzu. Im Jahre 1997 werden die Arbeiten für das erste Baulos des Radweges Bozen - Salurn ausgeschrieben, der Radtourismus zwischen Innichen und Lienz in Osttirol (und zurück mit der Bahn) nimmt immer mehr zu. Das italienische Ministerium für Öffentliche Arbeiten veröffentlicht 1999 das Dekret Nr. 557, mit dem auf Staatsebene die technischen Parameter für den Bau von Radwegen definiert werden und die einige Landesbestimmungen aus dem Jahre 1991 ersetzen.
15 Jahre nach der Vorstellung des Projektes für einen Radweg von Bozen nach Salurn erinnert der VKE auf der Freizeitmesse des Jahres 2000 dass der Radweg immer noch nicht fertig gestellt ist und schlägt mit der Verteilung von Broschüren über Radwege in anderen Ländern eine Aufwertung der Radwege mit Raststätten, Trinkbrunnen u.Ä. vor. Außerdem wird eine website über die Radwege in Südtirol vorgestellt: www.theil.it. Eine Radwegbroschüre über das nutzbare Radwegnetz wird 2002 von Oswald Stimpfl und Winfried Theil veröffentlicht (Bike Guide Südtirol).
In den letzten Jahren haben die Bezirksgemeinschaften und die Gemeinden für das gesamte Radwegenetz von Landesinteresse entsprechende Ausführungsprojekte vorgelegt und Jahr um Jahr werden Teile dieses Netzes verwirklicht. Leider hängt die Benutzbarkeit des Radwegenetzes letztlich von einigen Schlüsselbereichen ab, für die es (noch) keine Umfahrungen gibt, außer auf meist äußerst gefährlichen Staatsstrassen und Landesstrassen.
Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt auf die Vermarktung des Radwegenetzes und auf die Mobilisierung potentieller Radfahrer durch verschiedene Initiativen wie der Radtag in Bozen oder der benutzerfreundliche Radverleih verlagert, welche beispielsweise von den Stadtverwaltung Bozen oder von der landeseigenen STA (Südtirol radelt) jährlich organsiert werden (www.greenmobility.bz.it).
Projektierung von Radwegen
Richtlinien
Mit dem Landesbeschluss Nr. 30/89 machte sich die Landesregierung die Förderung des Radfahrens zur Aufgabe. Die gesetzliche Grundlage für den Bau von Fahrradwegen durch das Land war 1991 durch das Landesgesetz Nr. 24 geschaffen worden. In diesem Gesetz wurden die Richtlinien für den Bau von Radwegen verabschiedet, welche 1993 in einer Broschüre vom Amt für Straßenbau der Autonomen Provinz Bozen veröffentlicht wurden (Richtlinien für die Projektierung von Landesstraßen und Radwegen). Im Jahr 1998 wurden durch das Ministerium für öffentliche Arbeiten mit dem Dekret Nr. 557 die Richtlinien für den Radwegebau auf Staatsebene geregelt.
Definitionen
Radwege sind nur Radfahrern vorbehalten. Sie können als eigenständige Strecken, seitlich zu klassifizierten Straßen oder längs bestehender Wege mit wenig Verkehr geführt werden. In der neuen Straßenverkehrsordnung werden die Fahrradwege als ordnungsgemäß abgegrenzter Längsstreifen der Straße, der dem Fahrradverkehrs vorbehalten bleibt definiert.
Getrennte Rad- und Gehwege: Radfahrern und Fußgängern vorbehaltener Weg auf getrennten Streifen, (kein Mischverkehr).
Gemeinsame Rad- und Gehwege: Radfahrern und Fußgängern vorbehaltener Weg auf gemeinsamen Steifen (Mischverkehr).
Fahrrad: Fahrzeug mit zwei oder mehr Rädern, dessen Antrieb durch Muskelkraft oder elektrisch erfolgt. Maximale Abmessung: 1,3 m Breite, 3,0 m Länge und 2,2 m Höhe.
Richtlinien für den Bau von Radwegen
Vom Amt für Straßenbau der Provinz Bozen wurde 1993 ein Band mit Richtlinien für die Projektierung von Landesstraßen und Radwegen herausgegeben.
Planungsablauf bei der Projektierung von Radwegnetzen
1. Beschaffung von topographischen Planungsunterlagen: Gelände, Eignung von bestehenden Straßen, notwendige Schutzmaßnahmen, mögliche Hindernisse
2. Erfassung der Quellen und Ziele der Radfahrer: öffentliche Einrichtungen, Wohngebiete, Erholungsgebiete....
3. Unfallanalyse: besonders kritische Stellen
4. Darstellung der geeigneten Wege und Straßen sowie der gefährlichen Straßenzüge und Knotenpunkte in einer Angebots- und Problemkarte
5. Festlegung und Bündelung erwünschter Quell- / Ziel-Verbindungen im Wunschliniennetz
6. Umlegung des Wunschliniennetzes auf ein machbares Radwegenetz unter Berücksichtigung der Angebots- und Problemkarte
7. Festlegung notwendiger Maßnahmen zur Schaffung attraktiver und sicherer Strecken mit wichtigen Baudetails
8. Festlegung von Prioritäten der notwendigen Baumaßnahmen
Radwege
Radwegenetz in Südtirol
In den letzten Jahren ist auch in Südtirol das Fahrrad zu einem bedeutenden und attraktiven Verkehrsmittel geworden, Aufgrund des wachsenden Radwegenetzes können die jeweiligen Bestimmungsorte schnell und bequem erreicht werden. Im Hinblick auf ein europaweites Radwegenetz muss besonders bei der Planung überörtlicher Radwege das internationale Anspruchsniveau der Radfahrer berücksichtigt werden, um Radwanderern und Naturliebhabern eine Erholung abseits des Autoverkehrs bieten zu können.
Im Folgenden werden die bisherigen Erkenntnisse bei der Planung und Realisierung des Radwegnetzes, sowie die auf Südtirol bezogenen Richtlinien und Vereinbarungen aufgezeigt. Dies soll zu einer Vereinheitlichung der Planung und Realisierung der Südtiroler Radwege führen, auf dass das geplante zusammenhängende Radwegnetz baldmöglichst fertiggestellt werden kann.
Innerhalb der Siedlungsgebiete hat sich das Fahrrad dank Elektroantrieb, höherem Umweltbewusstsein der Verkehrsteilnehmer aber auch wegen mangelnder Autoabstellplätze zu einem alternativen Verkehrsmittel innerhalb der Stadt aber auch zwischen den Fraktionen der Landgemeinden entwickelt. Unter anderem auch deshalb, weil das Rad bei Distanzen bis zu 5 km das schnellste Verkehrsmittel im Siedlungsbereich darstellt.
Serviceeinrichtungen
Serviceeinrichtungen der Radwege
Ein Radweg lebt vom Angebot, das dem Radfahrer zur Verfügung steht: schattige Rastplätze, präzise Information, Versorgung, Radverleih, Reparatur und Hilfestellung. Die Versorgungsdichte hängt davon ab wie stark und von welchen Radfahrern der Radweg jeweils genutzt wird: Familien, Sportler, Gäste.
Standorte für verschiedene Kategorien von Rastplätzen wurden landesweit festgelegt: mit Betreuung (Verpflegung, Reparatur etc) und ohne Betreuung (Sitzplätze, mit/ohne Trinkwasser).
Die Beschilderung für Radwege wurde mit eigenem Landesgesetz definiert und ist an einem grünen Streifen am oberen Schildrand erkennbar.
Der Radverleih wurde besonders im oberen Pustertal stark forciert; hier ist es z.B. möglich eine Radtour von Innichen nach Lienz zu machen und mit dem Zug zurückgebracht zu werden.
Rastplatz
Ansprüche des Radfahrers
• Schatten
• Sitzen
• Trinken (Brunnen)
• übersichtlich, einsehbar
• Abfall entledigen
• Landschaft genießen
Ansprüche des Betreibers
• pflegeleicht
• Abfallbehälter einfach zu leeren
• mit Servicefahrzeug erreichbar
• Brunnen leicht entleerbar
Rastplatz Laag (Radweg Bozen-Salurn)
Auf Vorschlag von Studio Ing. Theil wurde von der Forstinspektorat Bozen I der Rastplatz Laag landschaftsgerecht gestaltet und mit einem Trinkwasserbrunnen ausgestattet. Mit Reben bepflanzte und mit Strohmatten belegte Lauben garantieren im Sommer Schatten und die mit Plexiglasplatten abgedeckten Bereiche schützen vor Regen. Der Rastplatz ist von der Strasse direkt erreichbar, ist vom Radweg einsehbar und hat 2 Picknick Tische, von denen aus ein schöner Blick nach Süden auf den Radweg und den Etschfluss möglich ist. Trinkwasserbrunnen und Abfallkorb ergänzen das Angebot an den Radfahrer.
Beschilderung
Was erwartet sich der Radfahrer von der Beschilderung?
• Information über den Verlauf
• Hinweise auf interessante Bereiche in der Nähe
• Hinweis auf Serviceeinrichtungen (Rastplatz, Gasthof, WC)
• Verkehrshinweise (Vorfahrt, Gefahren)
• Einheitlichkeit in Form und Typologie
Radroutenbeschilderung Pustertal
Die Bezirksgemeinschaft Pustertal hat vom Studio Ing. Theil ein Beschilderungskonzept erstellen lassen, auf deren Basis der Landesbeschilderungsdienst im Sommer 2004 die Radroute von Mühlbach bis zur Staatsgrenze in Innichen und von Bruneck bis Sand in Taufers mit der Straßenbeschilderung und der Informationsbeschilderung ausgestattet hat. Insgesamt wurden 1300 Schilder angebracht, sodass der Radfahrer im Pustertal eine durchgehende, ca. 70 km lange Radroute eindeutig erkennen kann. Da die Radroute großteils auch von Anrainern und landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt wird, ist besonders in den schmalen Abschnitten erhöhte Vorsicht geboten; hier wurden entsprechende Gefahren-Hinweisschilder angebracht.
Park & Bike
Für viele Radfahrer, insbesondere für Familien mit Kindern ist die Erreichung des Radwegenetzes über Autostrassen nicht zumutbar. Deshalb werden an einigen Punkten des Radwegenetzes sogenannte Einstiegsparkplätze vorgesehen, die das Abstellen des Autos und das Weiterfahren mit dem Fahrrad ermöglichen (Park&Ride). Als besonders wirksam hat sich die Anlage derartiger P&R Anlagen in der Nähe von Radraststätten erwiesen, die als Ausgangspunkte für Radausflüge sehr beliebt sind.
Auch bei Bahnhöfen oder Bushaltestellen sollten Radabstellplätze angeboten werden, die möglichst nahe an den Bahnsteigen oder bei der Buseinstiegsstelle liegen und mit Überdachung ein Maximum an Komfort für den Umsteiger von Rad zu Bahn oder Bus garantieren.
Radverleih
Die Haupt-Radrouten im Pustertal und im Tauferer Ahrntal werden in absehbarer Zeit durchgehend auf eigenständigen Radwegen befahrbar sein. Zusätzliche Serviceeinrichtungen sollen dem Radfahrer das Radroutennetz und die Anbindungen an die Naturparke näher bringen. Das der Bezirksgemeinschaft Pustertal vorgeschlagene Pilotprojekt sieht eine Vereinfachung und gleichzeitig eine Erweiterung des Radverleih-Services im Pustertal vor. Der Radverleih-Service kann mit Hilfe von Information und Marketing eine umweltfreundliche Mobilität für das Erreichen und Erkunden der Naturparke unterstützen.
Ziele des Pilotprojektes
1. Aufwertung des Fahrradfahrens als Erholungsfaktor durch Zurverfügungstellung eines breitgefächerten Services, der dazu beiträgt, dass die Radtouren möglichst sorgenfrei ablaufen können (Radverleih, Rückholdienst, Pannenservice, Aktionen, Information, usw.)
2. Unterstützung eines umweltfreundlichen Verkehrsmittels für die Erreichbarkeit und die Erkundung der Naturparke
3. Marketing für die Naturparke im Pustertal
4. Entwicklung eines Service-Modells, das sich nach Abschluss des Pilotprojektes selbst tragen kann
5. Grundlagenarbeit für einen landesweiten Radverleih-Service
Strategien
• Aufbau Radverleih-Service mit breitem Serviceangebot um die Erreichbarkeit der Naturparke zu erleichtern
• Marketing und Information um mit Routenvorschlägen, Anreizen und Aktionen eine umweltfreundliche Mobilität in den Naturparken zu fördern
Maßnahmen
Radverleih-Service
• Realisieren eines Netzes von strategisch positionierten Radstationen, an denen Fahrräder geliehen und abgegeben werden können
• Einrichtung einer Servicezentrale, welche die Verleihe, die Logistik, den Rückholdienst und Pannendienst koordiniert; außerdem beherbergt die Servicezentrale den Info-Point
Information und Marketing
• Ausfindigmachen von geeigneten Radtouren in Richtung, bzw. in den Naturparken
• Realisieren und verteilen von gedrucktem und digitalen Informationsmaterial
• Durchführen von Aktionen, z.B. geführte Touren